Ablage „P“
Wie geht es weiter mit dem PuK-Prozess?
Ich habe den Eindruck, dass er längst geschluckt wurde vom neuen Stellenplan und all den
Diskussionen, wie in den Dekanaten die Kürzungen aufgefangen werden können.
War da nicht noch etwas Anderes, was den Prozess so besonders machte? Die theologische
Diskussion, was Kirche ist und welche Kirche wir sein wollen und können? Und was nötig ist,
damit wir den „einfachen Zugang zur Liebe Gottes“ umsetzen können.
Diese Ziele sind schon längst dem Pragmatismus gewichen, die drohenden Kürzungen irgendwie aufzufangen. Wo sind unsere Visionen? Oder haben wir, Helmut Schmidt im Hinterkopf, die Sorge, dass man uns dann einen Arztbesuch empfiehlt?
Statt Ressourcen verschlingender top-down-Programme empfiehlt Daniel Tenberg im Artikel
des Korrespondenzblatts vom 11. November 2019 das „Experiment beziehungsreiche Gemeinden“. Nicht schlecht! Der Gemeindebund fordert Ähnliches schon lange.
Übrigens müsste man auf eine Evaluation der Beziehungsmehrung bei Personalausweitung
gar nicht so lange warten. Viele Gemeinden, die auf eigene Kosten zusätzliche Personen in
der Jugendarbeit, Kirchenmusik, diakonischen Arbeit etc. beschäftigen, könnten davon erzählen. Man müsste nur mal fragen…
In dem obengenannten Artikel kann man außerdem höchst Interessantes lesen: Daniel Tenberg, 2. Vorsitzender des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins belegt, was ich schon immer befürchtet habe. Zunächst muss ich seine Geduld und Akribie würdigen, sich einer solchen Recherche auszusetzen. Und ich will mich bei ihm bedanken. Von Herzen bedanken!
Die „Freiburger Studie“ der EKD von 1989, „Perspektiven und Schwerpunkte…“ der ELKB von
1998, die „Kommunikationsinitiative“ von 2002, „Kirche vor Ort“ von 2005, die Neuauflage
der „Perspektiven“ von 2013 – was haben sie gebracht?
„Ich habe mich gefragt, warum die früheren Programme nicht die „Wende“ herbeigeführt
haben. Warum sind sie so aus dem Blick geraten? Und – nebenbei gesagt – war es auch nicht
leicht, an die entsprechenden Dokumente zu gelangen. Viele hilfsbereite Menschen im Landeskirchenamt wußten keinen Rat…“ (aus: Geduldig und sorgfältig dranbleiben, Vorstandsbericht zur Herbstversammlung am 14. Oktober 2019, Korrespondenzblatt Nr. 11 November
2019, S.222).
Was für eine Bankrotterklärung!
Im Prinzip sind die Prozesse und Ergebnisse in Ablage „P“ gelandet. Sie waren, auf gut bayrisch, für den A….. . Und das, obwohl – so Daniel Tenberg – ihnen die Suche nach der Mitte
unserer Kirche gemeinsam ist. Eine Fragestellung, die uns ja auch heute noch umtreibt und,
zumindest theoretisch, zentral sein sollte für den PuK-Prozess.
Wieviel Zeit, Geld und Energie ist da in der Vergangenheit verbrannt worden. Hat denn da niemand ein schlechtes Gewissen? Wir haben als Gemeinde die Prozesse ernst genommen, haben uns auf Einkehrwochenenden und in Ausschüssen Gedanken gemacht, Papiere erstellt – und waren immer wieder ernüchtert, was die Ergebnisse und die Umsetzung betraf. Hätte man in der Auswertung der Programme in der Vergangenheit nicht feststellen können, dass top-down-Prozesse scheinbar nichts bringen? Das wäre besser gewesen als still und heimlich vor den Ergebnissen zu kapitulieren. Im Kirchenvorstand blieb am Ende nichts als Enttäuschung. Es würde mich sehr freuen, wenn der Artikel von Herrn Tenberg Konsequenzen hat und wir in Zukunft von den fruchtlosen Großprogrammen, die nur Arbeit machen, Geld verbrennen und Enttäuschung bringen, verschont werden. Aus der Geschichte sollen wir lernen, heißt es in diesen Tagen immer wieder. Wir haben da in unserer Kirche ein gutes Lernfeld. Und am Ende wünsche ich mir, dass die Programmentwickler unserer Kirche Stellung beziehen zu dieser mehr als ernüchternden Bilanz der Reforminitiativen in den letzten 40 Jahren. Da wäre auch die ein oder andere Entschuldigung an Kirchenvorstände nicht schlecht… Überlegen Sie, ob Sie Mitglied im Gemeindebund werden wollen. Wir würden uns freuen. Über 60 Gemeinden haben diesen Schritt schon vollzogen. Übrigens: man kann auch als Einzelperson Mitglied werden.
Karl-Friedrich Wackerbarth, Pfarrer
V.i.S.d.P.: Gemeindebund Bayern
Im Sprecherkreis „Gemeindebund Bayern – Aufbruch Gemeinde“