Postdemokratie am Beispiel der Bertelsmannn Stiftung
Von Matthias Burchardt
Wenn es an den letzten Reformschritt, die Implementierung, geht, ist eine sensible Zone erreicht: Da treffen Reformwille und papiernes Konzept auf Menschen in Einrichtungen, die am Gelingen ihrer Arbeit interessiert sind. Von dieser Einsicht aus wirft Matthias Burchardt Blicke hinter die Kulissen neoliberaler Reformstrategen und analysiert klar die Wirkmechanismen ihrer in allen Institutionen ähnlich verlaufenden Reformprozesse.
„Mit dem ökonomischen Kriterium der Effizienz wird eine systematische Zäsur im Politikverständnis etabliert: Während die Güte der politischen Kultur ehemals im Vollzug der demokratischen Abwägungen, Diskussionen, Kompromissbildung, Berücksichtigung der Interessengruppen und Minderheitenpositionen gesehen wurde, erscheinen diese Elemente gelebter Demokratie plötzlich als Hindernisse gegen ein reformerisches Durchregieren. Meinungsvielfalt verkommt von einem hohen Gut pluraler Gesellschaften zu einem Effizienzhemmnis. Das demokratische Recht von Akteuren, den propagierten Modernisierungsbestrebungen ein wohlbegründetes »Nein!« entgegenzusetzen und für eine andere Weise gesellschaftlichen Lebens und politischer Kultur einzutreten, wird als ungebührliche Blockadehaltung dargestellt. Effizienz fragt nicht nach der demokratischen Qualität, sondern nach dem Preis, der für den erzielten Nutzen zu entrichten ist. Die immanente Optimierungsrationalität des Effizienzdenkens sucht also nach einer Minimierung der demokratischen Reibungsverluste – was allerdings einer Minimierung der Demokratie gleichkommt. Die Bertelsmann Stiftung liefert hierzu nicht nur die Analyse, sondern auch die Blaupause für ein Reformieren, das die Kulissen der Demokratie stehen lässt und auch die politische Folklore wie Wahlen, Parlamentsdebatten und Skandalrücktritte nicht antastet, wohl aber die Gestaltungsmacht dem verfassungsmäßigen Souverän und seinen ermächtigten Repräsentanten aus der Hand nimmt. Unter dem Motto: »Mehr Strategie wagen« verabschiedet man den von Willy Brandt formulierten Anspruch »Mehr Demokratie wagen« und propagiert »Die Kunst des Reformierens« (Rüb et al. 2009).“
Lesen Sie hier die ganzen Artikel aus dem Deutschen Pfarrerblatt, Nr. 9/2013: http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt//index.php?a=show&id=3453