In der Landeskirche Berlin-Brandenburg hat sich ein Verbund von Gemeinden gebildet, der sich gegen die von oben verordnete Fusion von Gemeinden zur Wehr setzt. Ein Beispiel für die Tendenz innerhalb der EKD zur Zentralisierung.
Die Gemeinden am Scheideweg
von Georg Hoffmann
Das Perspektivprogramm unserer Kirche mit dem etwas unbescheidenen Titel „Salz der Erde“ ist in den Gemeinden und in den Synoden wiederholt Gesprächsthema gewesen. Auch die Bischofskandidaten wurden gebeten, sich hierzu zu äußern. Gleichwohl ist bei vielen der Eindruck entstanden, es sei um das Perspektivprogramm ruhig geworden.
Dieser Eindruck täuscht indes. Unsere Landeskirche ist in einer prekären und so nicht länger haltbaren Situation. In vielen Gemeinden ist das kirchliche Leben fast am Nullpunkt angelangt. Personal und Immobilien können kaum länger gehalten werden. Die überkommenen Formen der Volkskirche werden zur Last, die droht, alles mit sich hinunterzureißen. Das Vermögen der Gemeinden wird gebraucht, um anderswo Lücken zu stopfen. Keine Gemeinde wird in ihrem jetzigen Bestand überdauern, wenn sie nicht rechtzeitig Vorsorge trifft.
Wir alle müssen uns Gedanken machen, wie es mit unserer Kirche weitergehen soll. Insoweit hat das Perspektivprogramm „Salz der Erde“ einen wichtigen Anstoß gegeben. Allerdings greift es zu kurz, denn es unternimmt den Versuch einer Reform der Kirche, ohne alles darauf zuzuspitzen, was Christum treibet.
In der „Kirche der Freiheit“ ist es kaum mehr möglich, sich auf eine Theologie zu einigen, die die Freiheit ordnet und ihr eine Richtung gibt. Schrift und Bekenntnis werden zwar wortreich gebraucht, aber auf praktische Folgerungen können wir uns in den Synoden kaum noch verständigen. Das wird besonders augenfällig beim Perspektivprogramm „Salz der Erde“, denn obwohl es um die Reform der Kirche geht, wird nicht die Theologie in den Blick genommen, sondern nur das, was weniger strittig ist als diese, weil es beispielsweise den Wirtschaftswissenschaften oder der Soziologie entnommen werden kann.
Das Ergebnis verwundert nicht und kommt uns aus dem Wirtschaftsleben bekannt vor: Kirchengemeinden werden zu immer größeren Einheiten umgeformt, damit sie wirtschaftlich bleiben, d.h. ihr Personal und ihre Immobilien bezahlen können, wodurch fortschreitend Regionen, Gesamt- und Großgemeinden entstehen. Die Verkündigung wird nach soziologischen Kriterien „verbessert“, ohne die Misere der Landeskirche zum Anlass zu nehmen zu hinterfragen, ob sie nicht etwa darin ihre Ursache hat, dass in den Gemeinden nicht mehr in allen Stücken Christum getrieben wird.
Das Perspektivprogramm „Salz der Erde“ gleicht also dem untauglichen Versuch, der Kirche durch den Geist der Welt den Geist Gottes einzuhauchen. Dies schreit nach einem Gegenmodell. Um ein solches zu entwerfen, hat sich im letzten Jahr ein Gemeindebund gegründet, dem zur Zeit 40 Gemeinden unserer Landeskirche angehören. Ihm geht es darum – vereint in der Hochachtung vor Schrift und Bekenntnis und in einem gemeinsamen Gemeindeverständnis – die Gemeinde als Keimzelle der Kirche und als Ort der Verkündigung und des Sakramentsgebrauchs zu bewahren und ihre Existenz von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung nach Möglichkeit abzukoppeln. Gleichzeitig versteht sich der Gemeindebund als Netzwerk, das geistliche Stärkung und weltliche Hilfe zum Ziel hat. Den Gemeinden will er helfen, auch in finanzieller Hinsicht Vorsorge zu treffen, beispielsweise durch die Gründung von Fördervereinen und Stiftungen.
Die Gemeinden stehen am Scheideweg. Entweder klammern sie sich an die letzten äußeren Reste der in sich zusammenbrechenden Volkskirche oder sie finden zu eigener geistlichen Erneuerung. Sie müssen sich rechtzeitig entscheiden, denn auf dem Weg der Nachfolge Jesu ist keine Rast! (Quelle: http://www.gemeindebund-online.de/inhalt/text.php
Alle aktuellen Informationen und Pressemeldungen finden Sie unter: http://www.gemeindebund-online.de/