Fragen und Probleme rund um kirchliche Reformprozesse (X)
Von Jörg Bogumil
Im Jahr 2005 hat die EKD die »Doppik« als neues System der Verwaltung in den Landeskirchen empfohlen. In etlichen Landeskirchen ist dies bereits eingeführt oder steht zur Umsetzung an. Der Bund erachtet indessen einen »erheblichen finanziellen und organisatorischen Mehraufwand« als Nachteil der Doppik. Bis eine umfassende Bilanz der EKD zur Einführung der Doppik in den Landeskirchen vorliegt, mögen empirische Studien aus dem Kommunal- und Staatssektor wie diejenigen von Jörg Bogumil für eine aktuelle Einschätzung dienen.
Am umfassendsten wurde die kommunale Doppik in Rheinland-Pfalz vom Landesrechnungshof in Kooperation mit dem Institut für Gesetzesfolgenabschätzung der Universität Speyer in seinem aktuellen Bericht untersucht. Im Fazit heißt es dort für die geprüften und detailliert befragten Kommunen:
»Mit der Umstellung des Rechnungswesens, die landesweit einen Einführungsaufwand von hochgerechnet mindestens 140 Mio. Euro verursacht hat und einen zusätzlichen Personalaufwand von überschlägig 14 Mio. Euro im Jahr erfordert, sind bisher keine geldwerten Steuerungsvorteile verbunden. Die Mehrzahl der Gemeinden und Gemeindeverbände hat die doppischen Steuerungsinstrumente (Ziele, Leistungsmengen, Kennzahlen, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Berichtswesen) noch nicht eingeführt. Soweit sie zum Einsatz kommen, ist ihre Ausgestaltung für eine Steuerung weitgehend ungeeignet« (Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz 2011, S. 4).
Auch zum Thema Transparenz kommt der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz zu ganz ähnlichen Ergebnisse wie wir für NRW:
»Durch die Umsetzung des Haushaltsrechts werden die Haushaltspläne im Vergleich zur Kameralistik vielfach deutlich umfangreicher. Dadurch sind Transparenz und Steuerungsnutzen der Pläne empfindlich beeinträchtigt«(vgl. ebd.).
Möglicherweise profitieren mittlerweile die Dezernenten und Amtsleiter von den neuen doppischen Haushaltsplänen (wenngleich auch hier Zweifel bestehen, denn längere Berichte sind keine besseren Berichte), die Kommunalpolitiker aber sicher nicht. In unserer Umfrage in NRW hatten fast 80% der Fraktionsvorsitzenden und 85% der Bürgermeister die Doppik als intransparenter angesehen. Vielfach verstehen nicht einmal die Haushaltsexperten der Fraktionen die neuen Pläne und sehnen sich nach den alten Unterabschnitten zurück.
Bis zum empirischen Beweis des Gegenteils ist deshalb davon auszugehen, dass die Transparenz und die Effizienz der Doppik, genauso wie die des Neuen Steuerungsmodells zuvor, zumindest fraglich sind. Dass durch eine bessere Informationsversorgung quasi automatisch bessere politische Entscheidungen getroffen werden, ist darüber hinaus sowieso ein Mythos von Teilen der betriebswirtschaftlichen Verwaltungswissenschaft, auf den schon seit langem hingewiesen wurde (vgl. zusammenfassend Bogumil 2011). Entsprechend zeigen nicht nur unsere Ergebnisse aus NRW sondern auch die Umfrage der KGSt und der kommunalen Spitzenverbände, dass die ergebnisorientierte Steuerung nur »schleppend voranschreitet«, obwohl einige Kommunen die Doppik bereits mehrere Jahre nutzen (Buchholz/Lazar 2010, S. 298).
Insgesamt ist mir bisher kein einziger extern evaluierter »Erfolgsfall« der Doppik in Deutschland bekannt. Politische Entscheidungsträger wie auch solche quasi-öffentlicher Einrichtungen wie der Kirchen tun also gut daran, wenn sie die Doppik mit outputorientierter Budgetierung nicht automatisch einführen, sondern zunächst die Kosten dieser Reform prüfen und in kleinen Modellprojekten erproben.
Lesen Sie hier den ganzen Artikel: http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt//index.php?a=show&id=3383
Deutsches Pfarrerblatt, Heft 5/2013, S. 284 ff.
Mehr zum Thema Kirchenfinanzen in Bayern finden Sie unter: https://www.aufbruch-gemeinde.de/themen/kirchenfinanzen.htm