Bericht von der Landessynode
(20. bis 23. November 2022 in Amberg)
von Karl-Friedrich Wackerbarth
Liebe Schwestern und Brüder,
traditionell steht die Herbstsynode ganz im Zeichen der Finanzen. D.h. es wird nicht nur die Jahresrechnung des zurückliegenden Jahres beschlossen, sondern auch der neue Haushalt für das kommende Jahr. Im Zeichen eines weiterhin erwarteten Rückgangs der Einnahmen über die Kirchensteuern (der bis heute nicht wirklich eingetroffen ist; 2021 hatten wir wieder Mehreinnahmen von über 100 Millionen Euro), werden natürlich auch inhaltliche Fragen erörtert. Die Frage, wo wir im Zuge von PuK wirklich zu einer Konzentration kommen, also Prioritäten und Posterioritäten bestimmen, durchzog alle Debatten. Die Beratungen darüber, was wir uns in Zukunft nicht mehr leisten können und wollen, sind im Gange, werden aber vertraulich behandelt. Das halte ich für nachvollziehbar, um an keiner Stelle unnötige Hysterie zu schüren. Aber definitiv auf der Synode im Frühjahr wird es dazu erste Vorlagen geben. Und dann werden wir auch darüber reden, auf welcher Ebene wir zukünftig investieren wollen, von welcher Ebene aus ein Neuaufbau erfolgen soll. Dass diese Ebene der Bereich von Gemeinde und Region sein muss, ist keinesfalls Konsens. Darüber werden wir streiten und müssen mit anderen Überzeugungen ringen.
Der Weg, wirklich zu einer Lösung zu kommen für die notwendigen Einschnitte im Gesamthandeln unserer Kirche, ist mühsam. Aber dieser Mühe sollen wir uns auch deshalb unterziehen, weil damit eine Mitnahme aller Beteiligter gewährleistet ist. Mir wird dabei nur immer wieder klar, was für einen riesigen Tanker wir fahren….
Unser Landesbischof hat in seinem Rechenschaftsbericht ein leidenschaftliches Plädoyer gehalten für den Klimaschutz. Dazu gehören natürlich auch Mittel, um auf dem Weg der Klimaneutralität wirklich voranzukommen. Der Finanzausschuss hat dazu eine Idee entwickelt, wie wir die Immobilien der Gemeinden mit hineinnehmen in die Bilanz der Landeskirche. Wenn dann Mittel in großem Rahmen nötig werden, um die Kirchen und Gemeindehäuser energetisch zu ertüchtigen, können die bilanziellen Rückstellungen dafür verwendet werden, ohne das bilanzielle Defizit zu erhöhen. Damit können wir tatsächlich auf beachtliche Mittel zurückgreifen. Natürlich werden nur die Immobilien Unterstützung finden, die langfristig auch gehalten werden. Aber das ist wohl eine Selbstverständlichkeit…
Eine gute Nachricht also für die Gemeinden. Die Sorge, wie ältere Gebäude bei der gegenwärtigen, sehr geringen Förderung durch die Landeskirche, überhaupt auf einen angemessenen energetischen Standard kommen können, dürfte damit etwas weniger werden.
Die Neustrukturierung unserer Landeskirche weist eine gewisse „Ungleichzeitigkeit“ auf. Während die Vorstellungen für die Gemeindeebene bereits rechtlich festgezurrt wurden, gibt es für die darüber liegenden Ebenen nur Absichten und Vorüberlegungen. Für die Gemeindeebene wird die nächste KV-Wahl bereits ein entscheidender Faktor (Konzentration von Leitungs- und Verwaltungsstrukturen). Ohne die Eigenständigkeit der Gemeinden als selbständige Körperschaften einzuschränken (Haushaltsrecht!), wird die Region eine zukünftige Planungseinheit. Stellen orientieren sich nicht mehr an Gemeindeglieder-Zahlen, sondern Stellenzusagen wird es allenfalls für Regionen geben. Weitere Mitarbeit hauptamtlicher Kräfte soll über Arbeitsschwerpunkte im Dekanat geregelt werden.
Das ist also ein sehr weitreichender Systemwechsel. Auch wenn wir wissen, dass wir zukünftig nicht mehr genügend Personal haben werden, erfolgt hier m.E. doch ein Beziehungsabbruch, den ich sehr kritisch sehe. Ob die Besetzung vakanter Stellen, befreit von rechtlichen Beschränkungen, gelingen kann, ist eine Absicht, bei der ich nur hoffe, dass sie gelingen darf.
Im Herbst 2023 sollen auch die Strukturveränderungen auf den anderen Ebenen konkretisiert werden (Zusammenlegung von Dekanatsbezirken und Kirchenkreisen; Strukturänderung im LKA, etc.). Die Verwaltungseinrichtungen auf allen Ebenen werden sich einer „Aufgabenkritik“ stellen müssen, um Prozesse so effektiv und effizient wie möglich zu gestalten. In jedem Fall müssen Kirchengemeinden/Regionen ausreichend Finanzmittel erhalten, um in Zukunft kreativ mit den Veränderungsprozessen umgehen zu können („Innovation und Konzentration benötigt Investition“ – Zitat OKR Prof. Dr. Hübner). Umso wichtiger wird es sein, bei den Konzentrationen wirklich weitreichende Streichungen, beispielsweise in den Bereichen der Werke und Dienste oder der über 100 Tagungshäuser, die wir uns selber leisten oder unterstützen, zu erreichen. Damit hätten wir dann auch wieder finanzielle Freiräume für Investitionen auf der Ebene der Gemeinden. Das ist meine persönliche Meinung. Und dafür werde ich mich einsetzen.
Auf diesem Hintergrund wurde das „Kirchengesetz zur Änderung des Kirchlichen Zusammenarbeitsgesetzes“ in den Arbeitskreisen, den Ausschüssen und schließlich auch im Plenum der Synode sehr intensiv diskutiert. Es konnte dabei gelingen, die Beteiligung der Regionalbischöfe bei der Bildung von Pfarreien (Zusammenschluss von bisher selbstständigen Gemeinden) zurückzuweisen. Ebenso wurde eine „Soll-bestimmung“ über den Verzicht von Kasualgebühren bei Amtshandlungen ohne „besonderen Aufwand“ verhindert. Die Entscheidung über Kasualgebühren muss in der Verantwortung der Gemeinden vor Ort verbleiben. In der Diskussion über das Gesetz wurde zwar deutlich, dass dem Landeskirchenrat bei der Erstellung der Vorlage primär daran gelegen war, die Veränderungsprozesse gut zu begleiten und möglichst viele Hilfestellungen zu ermöglichen. Gleichzeitig besteht dabei jedoch die Gefahr, dass Gemeinden Stück für Stück ihre Selbstständigkeit aufgeben und damit verlieren, weil der Druck der zukünftigen Prozesse so stark ist. Dem gilt es immer wieder zu wehren!
Das Gesetz ermöglicht einige Alternativen im Bereich der Gemeindeleitung. Die Identität einer Gemeinde muss nicht aufgegeben werden, wenn Gemeindeverbünde entstehen. Es empfiehlt sich also, das Gesetz sehr genau zu lesen und sich notfalls beraten zu lassen.
Die aktuelle Stunde zur Situation von Christinnen und Christen in Bedrängnis war ein Höhepunkt unserer Tagung. In dem abschließenden Gebet wurde die Verbundenheit im Glauben und gegenseitige Verantwortung aller Glaubensgeschwister in der Welt spürbar. Vielleicht kann diese aktuelle Stunde dazu führen, dass auch in den Gemeinden den Geschwistern in Bedrängnis gedacht wird.
Bei den Eingaben an die Landessynode ist erwähnenswert, dass eine grundsätzliche Zulassung von Kindern zum Abendmahl befürwortet wurde. Eine entsprechende gesetzliche Regelung soll vom Landeskirchenrat ausgearbeitet werden.
Das Projekt von Pfarrerverein, Sozialwissenschaftlichem Institut der EKD und dem PuK-Team mit Namen „Beziehungsreiche Gemeinden“ war leider noch nicht präzise genug in seiner Konzeption. Die Synode lehnte den Antrag einer Unterstützung ab. Schade. In diesem Projekt hätten manche Daten zum Beziehungsaufbau und –erhalt gewonnen werden können, die m.E. die Gemeindeebene hätten stärken können.
Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass der Grundfragenausschuss und der Finanzausschuss eine gemeinsame Arbeitsgruppe installiert haben, die die Effizienz der übergemeindlichen Werke, Dienste, Einrichtungen und Beauftragten evaluieren soll. Dies soll als Entscheidungshilfe für den Prozess neuer Prioritätensetzung genutzt werden.
Sicher haben Sie Verständnis, dass ich mich zu den Themen, die ausführlich in den Medien dargestellt wurden, nicht auch noch äußere (Klimaschutzgesetz; Assistierter Suizid; Berichte von der Weltversammlung der Kirchen in Karlsruhe und der Synode von VELKD und EKD etc.). Schließlich soll der Bericht noch lesbar sein.
In jedem Fall werde ich mich auch weiterhin für eine Stärkung der Gemeindeebene stark machen, auch wenn Vieles im Hintergrund und in langen Diskussionen in Arbeitskreisen und Ausschüssen passiert. Wir sind, was die Stärkung betrifft, schon ein gutes Stück vorangekommen. Die Zusammensetzung der aktuellen Synode macht mir deshalb Hoffnung, weil dort doch mehr Synodalinnen und Synodale Sympathien für die Gemeindeebene hegen, als ich vorher dachte. Das macht mir große Hoffnung.
Prien am Chiemsee, den 25.11.2022
Karl-Friedrich Wackerbarth