Was wir wollen

Was wir wollen

Die Krisenphänomene der verfassten Kirche sind unübersehbar. Unsere Kirche hat es immer schwerer, in der Vielfalt der Sinnangebote die Bedeutung ihrer Botschaft für das Leben deutlich zu machen. Die Mitgliedschaft in der Volkskirche wird immer weniger selbstverständlich. Die gesellschaftliche Bedeutung und die finanziellen Mittel der Kirche gehen deutlich zurück. Die Kirchenleitungen vertrauen im Zuge eines Selbstverständnisses als Organisation auf eine starke Leitung und versuchen vergeblich, durch zentral gesteuerte Initiativen diesen Trend aufzuhalten.

Wir wollen stattdessen eine Kirche, die ihre Relevanz von ihrer Botschaft her gewinnt und ihr im konkreten Lebensumfeld der Menschen Gestalt gibt. Die Kirche kann auf die Herausforderungen am besten reagieren, wenn sie sich auch in ihrer Organisation „von unten“, von der Basis der Gemeinden, her aufbaut. (Lesen Sie hierzu: Dr. Dietrich Stollberg, „Warum „Gemeinde“? Praktisch – theologische Thesen)

In den vergangenen Jahrzehnten ist der Anteil der Kirchensteuern, über dessen Verwendung die Kirchengemeinden selbst entscheiden, stetig gesunken. Gleichzeitig rückt das Bild der evangelisch-lutherischen Kirche als Großorganisation und Institution immer stärker in den Vordergrund. Der Charakter der Kirche als Bewegung, die in der Ortsgemeinde ihre Dynamik entfaltet, tritt demgegenüber zurück.

Die Ortsgemeinde ist zu stärken gegenüber dem organisatorischen Überbau der Kirche. Es ist der Dynamik des Wortes Gottes zu vertrauen, das von unten, d.h. vor Ort, seine Wirkung entfaltet. In einem ersten Schritt ist deshalb der Anteil der Kirchensteuermittel, der an die Kirchengemeinden zurückfließt, deutlich zu erhöhen, damit diese in eigener Verantwortung über eine sinnvolle Verwendung entscheiden können. Auf Dauer ist der Geldfluss umzukehren. Die Steuermittel kommen in der Gemeinde an und für übergemeindliche Zwecke leitet die Gemeinde einen Teil weiter.

Die Bischofskonferenz der VELKD hat in ihrer Empfehlung zu Amt und Ordination darauf hingewiesen, dass in der „.Praxis der lutherischen Kirchen … die Einsichten der Reformation über die Beteiligung der Gemeinde … nur sehr eingeschränkt umgesetzt …“ wurden. „Eine angemessene institutionelle Berücksichtigung sollte späteren Zeiten vorbehalten sein…“ (Ordnungsgemäß berufen, S.14).

Zu dieser Beteiligung gehört die Selbstbestimmung der Gemeinden bezüglich Personal, Bauwesen und Einsatz ihrer Finanzen. Dies gebietet nicht zuletzt das Prinzip der Subsidiarität (Prinzip, dass übergeordnete Gemeinschaftsformen nur für Aufgaben eintreten sollen, die kleinere gesellschaftliche Einheiten nicht erfüllen können). Viele Gremien und damit verbundene Fahrtkosten, aufwändige Informations- und Entscheidungswege, werden dadurch eingespart. Es gibt weiterhin Verwaltungszentren, die die Kirchengemeinden entlasten (z.B. für Gehaltsabrechnungen, Personalverwaltung).

Eine Überforderung der Gemeinden und auch der überparochialen Ebene liegt in der Vorstellung, dass man über ein sich ständig verbreiterndes Spektrum von Angeboten alle gesellschaftlichen Milieus erreichen könne.

Eine Kirchengemeinde muss in Auseinandersetzung mit ihrem Auftrag und ihrer spezifischen Situation vorrangige Themen und Aktivitäten feststellen und Anderes zurückstellen. Dazu braucht sie Klarheit über ihre Situation und ihre Mittel. In dieser Fragmentarität und Verantwortung ist sie Kirche Jesu Christi am Ort.

In den landeskirchlichen Leitlinien für Fundraising ist das ganz selbstverständlich im Blick: „Kirchliches Fundraising hat die Menschen im Blick. Es geht um deren Begeisterung für Ideen und konkrete Anliegen … Sie unterstützen eine Aufgabe, wenn sie bewusst, persönlich und gezielt angesprochen und in deren Lösung einbezogen werden.“ (Gemeinsam Gutes tun, S. 8 ) Diese Transparenz soll auch für die Kirchensteuer gewonnen werden.

Häufig wird Misstrauen gegenüber Gemeinden geäußert. Sie würden nur auf die eigenen Finanzen und den eigenen Bestand blicken.Wir vertrauen auf Gemeinden, die sich vom Evangelium bewegen lassen. Sie verpflichten sich darum, sich untereinander solidarisch zu unterstützen.

Wir vertrauen darauf, dass es „von unten“ zu sinnvollen Zusammenschlüssen kommt und dass auch übergemeindliche Aufgaben, wie z.B. die Diakonie und weltweite Partnerschaft, als unverzichtbar erkannt und unterstützt werden. So wird der Zusammenhang der Gemeinden mit übergemeindlichen Arbeitsbereichen gestärkt.