Volkskirche sein in Gemeinde und landesweitem Dienst

Von Prof. Dr. Klaus Raschzok

Lehrstuhlinhaber für Praktische Theologie an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau und Vorsitzender des Grundfragenausschusses der Landessynode der ELKB

„Entscheidend für eine zukünftige Landesstellenplanung ist die Arbeit an einer Bewusstseinsveränderung: Sie hat auf die Wahrnehmbarkeit der gesamten Volkskirche in der Ortskirchengemeinde zu zielen, auch und gerade im Sinne der Verantwortung. Dazu darf sich die Ortskirchengemeinde jedoch nicht mehr ausschließlich von der Gemeindekirchlichkeit her verstehen. Zugleich steht auf landeskirchlicher Ebene die Zurücknahme des organisationalen Verständnisses der Kirche zugunsten einer Dienstleistungsorganisation für die zu einer Landeskirche zusammengeschlossenen Ortskirchengemeinden wie Funktionsgemeinden an. Daher ist die Forderung, zukünftig noch mehr finanzielle Mitteln in die Hand der Ortskirchengemeinden zu geben, durch die Arbeit an der Haltung den Geldmitteln gegenüber in der Landessynode zu ersetzen. Es handelt sich immer um anvertrautes Geld der Ortskirchengemeinden, das weitgehend von diesen erwirtschaftet worden ist und im Umgang einer Haltung der Achtung und des Respektes bedarf.

Daher nochmals meine  zentrale These: Dem Pfarrberuf ist die (gesamte) Volkskirche anvertraut, nicht nur die Gemeindekirche. Damit trägt der Kirchenvorstand vor Ort über die Schlüsselstellung des Pfarrberufs für die Volkskirche zugleich auch eine weit über die Gemeindekirche hinausreichende Verantwortung. Dem Kirchenvorstand ist zugleich auch die Sorge für die Volkskirche anvertraut. Dies ist vielen kirchlich Engagierten in keiner Weise bewusst. Ebenso wenig nehmen Pfarrerinnen und Pfarrer diese Verantwortung wahr, weil auch ihnen ihre eigene volkskirchliche Rolle überhaupt nicht bewusst ist und sie ihre volkskirchlichen Aufgaben zum Teil eher als Last und Abhaltung vom gemeindekirchlichen Arbeitsbereich empfinden. Oder: Sie diese aufgrund ihrer gemeindekirchlichen Frömmigkeitsprägung verdrängen. Eine sinnvolle Verhältnisbestimmung von pastoralem parochialen und übergemeindlichem Dienst hat daher bei der Ortskirchengemeinde im volkskirchlichen Verständnis  anzusetzen und ist konsequent an die Ortskirchengemeinde zurückzubinden.

Ein abschließender prüfender Blick in die Verfassung der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Bayern bestätigt meine These, dass eine sachgerechte Verhältnisbestimmung von parochialem und übergemeindlichem Dienst nur vom Verständnis der Ortsgemeinde aus als der grundlegenden Organisationsform der gegenwärtigen Volkskirche möglich ist. Die Kirchenverfassung definiert die Kirchengemeinde als Verwirklichung der gesamten Kirche vor Ort, ordnet bewusst die Einrichtungen und Dienste den Kirchengemeinden zu, betont die Verantwortung der Pfarrerinnen und Pfarrer für die Einheit der Gemeinde wie der Kirche und legt dem Pfarrberuf damit die Verpflichtung auf, die wechselseitige Zusammenarbeit der Kirchenmitglieder und kirchlichen Dienste zu fördern.“

Lesen Sie hier beide Teile seiner Überlegungen im KorrBl. Nr. 5 und 6/ 2017:
https://www.aufbruch-gemeinde.de/download/kblatt-1706raschzok.pdf

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